Galopp-Journalist Jens Sorge zum 80.

Nicht jeder runde Geburtstag ist auch gleich ein inspirierendes Medienthema, doch der 80. des Journalisten Jens Sorge am 12. März ist allemal ein Anlass zur Rückschau auf den Lebensweg eines interessanten Mannes sowie seine Erlebnisse und Spuren vor und nach der Wiedervereinigung Deutschlands. Sorge ist noch immer für eine ganze Anzahl von Tageszeitungen und Fachmedien als einer der wenigen Experten des Galopprennsports tätig. Wer ihn heute souverän und flink auf seinen Reisen zu Rennbahnen in Weltstädten wie New York, Hongkong oder Tokyo beobachtet, glaubt weder an sein Alter noch daran, dass dies ein ehemaliger Jockeylehrling aus dem einst Königlichen Hauptgestüt Graditz ist. Dort in Torgau an der Elbe begann seine berufliche Laufbahn nämlich, bevor er bis 1967 im Graditzer Trainingsstall in Hoppegarten als Berufsreiter arbeitete.  

Heute ist man fast amüsiert darüber, was er durchlaufen musste, um sich den Wechsel zum Fachblatt „Rennkurier“ zu erarbeiten: ein vierjähriges Hochschul-Fernstudium zum Agrar-Ingenieur, ergänzt durch weitere Fachlehrgänge wie „Stilistik“. 42 Jahre arbeitete er als Redakteur bei der im Berliner Bauernverlag erscheinenden Rennzeitung mit 140 Ausgaben im Jahr, von 1990 bis 2001 auch für das Pendant im Westen, die „Sport-Welt“. 

Eine von Sorges Stärken war und ist neben Gelassenheit und Humor stets das Fehlen von Berührungsängsten. So war die Wende keine unüberwindbare Hürde für ihn. Er half dabei mit, dass die rennsportliche Wiedervereinigung noch wesentlich schneller erfolgte als die politische: Schon am 31. März 1990 lief vor imposanter Kulisse in Hoppegarten der deutsch-deutsche Gemeinschaftsrenntag. Missionarisch mühte er sich ab, um trotz der erdrückenden Überlegenheit der West-Pferde darüber aufzuklären, dass der vorherige DDR-Rennsport kein bloßer Zirkus-Betrieb gewesen war. Heute mehr denn je ist Jens Sorge fast der einzige zitierfähige Experte für das einstige planwirtschaftliche Geschehen auf den sechs Rennbahnen und in den vier staatlichen Gestüten der DDR. Seine minutiösen Kenntnisse auf allen Ebenen waren 2022 auch mit ein Grundstein beim Erscheinen eines Buches zum 200jährigen Rennsportjubiläum. Jens Sorge ist gewissermaßen das Gedächtnis und die Stimme des galoppsportlichen Ostens. Seinen allermeisten Journalistenkollegen hat er zudem den Vorsprung, dass er nicht nur weiss, wie das Gefühl neben dem Pferd ist, sondern auch das obendrauf. Stolz ist er darauf, dass sein Sohn Frank einer der international besten und vielfach prämierten Fotografen auf dem Turf ist. Inzwischen ist sogar Enkel Francis begeistert mit der Kamera dabei. Leise, bescheiden, aber nimmermüde und zielstrebig hat dieser Jens Sorge einen beachtlichen Fußabdruck in der weiten Welt des Turfs hinterlassen. Peter Brauer

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