Letzter Rückblick vor der grünen Saison

Dieser Monatsrückblick durch die Dresdner Turfbrille ist der letzte vor der grünen Saison, die im März in Deutschland endlich wieder losgeht. Aber auch der Februar hatte einiges zu bieten.

In Seidnitz herrschte keineswegs Winterruhe. Der Bau der neuen Dresdner Galopp-Lounge ging auch dank des frühlingshaften Wetters zügig voran. Am 12. Februar war Richtfest, zwei Wochen später gingen DRV 1890 und matteoevents mit der neuen Internetseite www.galopprennbahn-events.de an den Start und beim Sport-Renntag am 11. Mai findet der erste Testlauf der neuen Lounge statt, die dann am 30. Mai feierlich eröffnet werden soll.

Claudia Barsig kehrte mit ihren Schützlingen von ihrem siebenwöchigem Gastspiel aus Cagnes-sur-mer zurück, wo sie zwei Siege, etliche Platzierungen und insgesamt rund 45000 Euro holte. Frankreich soll auch in den nächsten Monaten für die Dresdner Trainerin ein gutes Pflaster sein. Das verriet sie in der traditionellen Stallparade in der Galopp-Fachzeitschrift SPORTWELT. Auch ihr Seidnitzer Kollege blickte dort zurück und nach vorn. Beide SPORTWELT-Texte lesen Sie unten, die kompletten Stallparaden mit der Vorstellung der einzelnen Pferde und vielen Statistiken sind am 28. Februar (Stefan Richter) und 3. März (Claudia Barsig) erschienen.

STEFAN RICHTER

Stefan Richter hat sich im zehnten Jahr seiner Karriere als einer der erfolgreichsten Trainer im Osten etabliert, schaffte es als Siebter 2019 erneut in die deutschen Topten. „Zwar haben wir mit 29 Erfolgen unser Ziel von 30 knapp verfehlt, dennoch bin ich nicht unzufrieden mit der vergangenen Saison. Das ,nur‘ vor der 29 ist Jaulen auf hohem Niveau“, verweist der Dresdner auf jeweils 35 zweite und dritte Plätze. „Für die Besitzer und letztlich auch für mein Einkommen ist es zudem mindestens genauso wichtig, dass die Gewinnsumme stimmt.“ Mit 252700 Euro rangierte Richter sogar auf Platz sechs in der Rangliste. „Mit zwei Auktions- und einem Listenrennen durfte ich drei Erfolge auf höherem Parkett feiern, das waren sicher die Highlights.“

Zweifellos sein Paradepferd war Cliffs Art, die in Hoppegarten das besagte Listenrennen und 14000 Euro gewann. „Das beste Pferd, das ich je trainiert habe. So eines werde ich sicher so schnell nicht wieder in meinen Stall bekommen“, blickt Richter stolz, aber auch ein wenig wehmütig auf die Stute zurück. Die wurde für eine sechsstellige Summe nach Australien verkauft, „was ich bei diesem Preis verstehen kann. So ist nun mal das Geschäft“, weiß der 40-Jährige. „Aber der Besitzer investiert das Geld in neue Pferde, wovon auch ich wieder profitiere.“

Hervorheben möchte Richter außerdem Mojano, den ersten Dresdner Derby-Starter seit der Wende: „Dass es nicht zu einer vorderen Platzierung in dieser Prüfung reichen würde, war mir schon im Frühjahr klar. Er war vom Kopf her einfach noch nicht so weit, zudem ist die Strecke von 2400 Metern zu lang und letztlich war das auch nicht seine Klasse. Aber das Nenngeld war einmal bezahlt und so sind wir mal dabei gewesen, auch wenn am Ende Rang 13 in den Geschichtsbüchern steht.“ Dass Mojano tatsächlich ein späterer Typ ist, bewies er im Herbst, als der Brieskorn-Schützling drei Treffer am Stück nachlegte, darunter den im Hallenser BBAG Auktionsrennen.

Dass Richter in diesem Jahr keinen Derby-Aspiraten hat, findet er nicht schlimm – im Gegenteil: „Dieser Druck, im Frühjahr und möglicherweise zu zeitig und mit Gewalt auf die Tube drücken zu müssen, ist gar nicht so angenehm – weder für mich und schon gar nicht für das Pferd. Hätte ich 30 Drei-Jährige im Stall, könnte ich sicher anders rangehen und es verschmerzen, wenn ein paar wegen des Derbys quasi verheizt werden und danach nichts mehr auf die Reihe bekommen. Aber ich muss mit meinem Bestand haushalten und auch an später denken.“ Er werde „in genügend anderen Rennen“ wieder seine Erfolge feiern. „Ich habe vor allem viele talentierte Zwei- und Dreijährige im Stall“, verweist der Trainer auf einen Generations-Wechsel und hoffte auf den ersten Youngster-Treffer nach mehr als einem Jahr Pause. Darling Street ist so einer. Der steht noch nicht auf der Trainingsliste, soll verpachtet werden und sucht noch eine Besitzergemeinschaft. Ein halbes Dutzend seiner namhaften Haudegen, die in den letzten Jahren fleißig gepunktet haben, sind „in Rente“ gegangen. Aber einige vierjährige Sieglose können „unten anfangen und sicher auf dem Weg nach oben ihre Siege feiern“. Zwar sieht Richter keinen „Großverdiener“ auf seiner Liste, aber viele sind in Auktionsrennen genannt. Zudem wird er mehr als in den letzten Jahren in Frankreich unterwegs sein, auch wenn es von Dresden nicht gerade der kürzeste Weg ist: „Aber ich habe drei Franzosen mit guter Klasse, da lohnt sich die Reise auch wegen der Zusatzprämie für die als Inländer geltenden Pferde bestimmt.“

Dank des milden Winters konnten die Trainer auch in Dresden voll durcharbeiten und Richter wird „sofort einsteigen, wenn die grüne Saison beginnt.“ Natürlich steht die 30 erneut als Ziel: „Aber ich bin auch nicht böse, wenn am Ende nur 20 Siege, aber dafür eine halbe Milli0n als Gewinnsumme zu Buche stehen.“

CLAUDIA BARSIG

Schöner kann ein Rennjahr nicht eingerahmt werden. 2019 begann für Claudia Barsig so super, als So Super am 6. Januar in Dortmund gewann und Coppelia die weite Reise von Dresden ins Ruhrgebiet mit einem zweiten Platz zu einer rundum erfolgreichen Sache machte. „Ich lag danach kurzzeitig in Führung in der deutschen Trainer-Rangliste“, schmunzelt die 50-Jährige. Und die Krönung gab’s am Schluss: Trainer-Tochter Christin gewann an gleicher Stelle mit der nagelneuen Amateurreiter-Lizenz in der Tasche gleich ihr erstes Rennen mit Big Panther. „Ein unvergessliches Erlebnis für alle und das nach den für sie in Sachen Ernährung so kargen Weihnachten“, erinnert sich eine stolze Mama.

Dazwischen lagen weitere 17 Siege, darunter vier lukrative in Frankreich. Weit oben möchte die Dresdnerin allerdings einen vierten Platz ansiedeln: „Im ersten Gruppe-Rennen auf unserer Heimatbahn feierten wir unsere Premiere auf diesem Niveau und Coppelia beeindruckte als Vierte mit einer starken Leistung.“ Und das trotz einiger gesundheitlicher Probleme im Vorfeld. Auch für Besitzer Dr. Steffen Pfennigwerth, der mit seinem Unternehmen bwin ein langjähriger Sponsor des Dresdener Rennvereins ist, nimmt dieses Rennen einen wichtigen Platz in seiner langen Karriere als Züchter und Besitzer von Rennpferden ein. Zumal die Leistungen des mit mehr als 28000 Euro Gewinnsumme im Vorjahr erfolgreichsten Barsig-Schützlings auch anderswo nicht unbemerkt blieben: Bei einer Stuten-Auktion in Deauville wurde Coppelia verkauft und beginnt nun eine zweite Karriere in der Zucht.

Apropos Frankreich: Obwohl es von Sachsen aus nicht gerade der nächste Weg in unser Nachbarland ist, lohnten sich etliche der weiten Reisen für die Barsig-Galopper. Rennstall-Manager und Ehemann Gert will sich dabei ausdrücklich bei einem Trainer-Kollegen und Freund der Familie bedanken: „Unsere Zwischenstopps bei Christian von der Recke auf den weiten Hin- und Rückwegen taten Mensch und Tier gut. Ohne die hätten wir sicher nicht so viele Erfolge gefeiert.“ So gewann Art Charter in Cagnes-sur-mer, wo die Barsigs traditionell mit einer starken Armada vertreten sind. Und Legacy landete in Chantilly  einen lukrativen Treffer.

Frankreich soll auch 2020 ein gutes Pflaster für den sächsischen Rennstall bleiben. Der Anfang war dabei schon mehr als erfolgversprechend: Allein Muzy verdiente dank eines Sieges und vier weiteren Platzierungen in den Geldrängen inklusive der Prämien für Inländer 29000 Euro. Möglicherweise steht der Wallach, der nach einem Verkaufsrennen den Barsig-Stall verlassen musste, schon jetzt als gewinnreichstes Pferd der Saison fest. Wenn nicht ein anderer Frankreich-Coup gelingt: Legacy peilt nach zwei unglücklichen Rennverläufen und jeweils fünfte Plätzen auf gleichem Parkett einen Sieg in einem Tierce-Handicap an. Gert Barsig: „Das Zeug dazu hat er und ein drittes Mal kann er ja nicht wieder so ein Pech mit der ungünstigen Startbox haben.“

Obwohl im Vergleich zum Vorjahr etwas weniger Galopper auf der Trainingsliste stehen, geht Claudia Barsig optimistisch in die Saison: „Die verhältnismäßig vielen jungen Pferde sind inzwischen startfertig, wir werden deshalb sicher nicht weniger Rennen bestreiten als 2019 und die 20 Siege sollten deshalb das Ziel sein.“ Gert Barsig ergänzt: „Genauso wichtig ist die Gewinnsumme und die aus dem Vorjahr werden wir hoffentlich übertreffen.“ Muzy und die anderen Frankreich-Starter haben ja mit gut 45000 Euro schon einen ordentlichen Sockel gelegt.
Bauen kann Claudia Barsig auch auf ihre treuen und langjährigen Besitzer. Genauso froh ist sie über Neuzugänge wie Uwe Kornberger und Achim Siwula: „Ihnen allen, aber auch meinem gesamten Team möchte ich ein großes Dankeschön aussprechen. Jeder Trainer ist nur so stark wie die Leute um ihn herum.“

 

Nach oben